DE Die Vyšehrader Gottesmutter – „Regenmadonna“

Das Gnadenbild der Vyšehrader Madonna, auch „Regenmadonna“ genannt, befindet sich in der vierten Kapelle des rechten (südlichen) Seitenschiffes, wo sie, mit dem Hl. Wenzel und der Hl. Ludmilla an den Seiten, den Mittelteil des Flügelaltars bildet.

Das Tafelbild kam wahrscheinlich gegen Ende der Regentschaft Karls IV. auf den Vyšehrad. Der Herrscher brachte es von seiner Romfahrt mit. Nach einer anderen Version der Forschung ließ der zweite Erzbischof von Böhmen und der erste Kardinal Jan Očko von Wlašim (Jan Očko z Vlašimi) um 1356 das Bild für den Altar der heutzutage nicht mehr existierenden Spitalkirche Mariä Demut in der Nähe von Podskalí anfertigen.

Legende

Nach dem Jahr 1638 wurde das Marienbild als Regenmadonna bezeichnet. Wie eine Legende erzählt, gab es einmal eine außerordentlich lange Dürrezeit, und eine Missernte drohte. Ein Kanoniker vom Vyšehrad hatte damals in der Nacht einen Traum, dass er das Marienbildnis in einer Prozession in die nahegelegene Kirche des Emmauskloster tragen und für den Regen bitten sollte. Kaum machte sich der feierliche Umzug auf den Weg und noch bevor er das Ziel erreicht hatte, begann es zu regnen. Und es regnete heftig noch drei Tage lang. Die Menschen betrachteten es als ein von der Madonna erwirktes Wunder. Die Prozession ins Emmauskloster oder zur Kirche St. Pankratius wurde fortan veranstaltet, sooft es zu trocken war. Ihre einstige Bedeutung bezeugt auch die Teilnehmerzahl, die sich einmal auf 20 000 belief. Bittprozessionen auf den Vyšehrad fanden durch das ganze 17. und 18. Jahrhundert hindurch statt. Kaiser Joseph II. hatte Wallfahrten zwar verboten, aber sie wurden an manchen Orten, den Vyšehrad nicht ausgenommen, trotzdem weiter veranstaltet.

gallery

Bildbeschreibung

Das Bild ist auf einer Holztafel gemalt und gehört thematisch zum Genre der Madonna der Demut (dell’Umiltà). Die Mutter Gottes, die Jungfrau Maria, setzte sich als eine einfache Frau auf eine blühende grüne Wiese, um ihr Kind zu stillen. Auf der Rückseite des Bildes fand man die Aufschrift: „Das Bild wurde von der Hand des Hl. Lukas gemalt.“ Um ihren Kopf hat Maria einen Sternenkranz – einen Heiligenschein mit zwölf Sternen. Sie hüllt sich in einen einfachen blauen, unten reich drapierten Mantel. Ihr rechter Fuß ruht auf einer im Gras liegenden Mondsichel. Das Jesuskind, auch mit einem Heiligenschein um den Kopf, ist in einen kunstvoll dekorierten Stoff gehüllt, was seine königliche Abstammung andeuten soll. Etwa 1397 wurde das Bild mit einer teilweise vergoldeten Platte aus Silber versehen, deren Ausschnitt den Körper Mariens und des Kindes kopierte. Der Propst des Vyšehrader Kapitels Wenzel Gerard von Burenitz (auch Wenzel Králík von Buřenice, +1416) ließ diese Platte (oder den Belag) anfertigen, um das Wallfahrtsbild vor Beschädigung zu schützen. Die Silberplatte wird von 35 mosaikartig geordneten Quadraten aus Silberblech mit dem Abzeichen des Vyšehrader Kapitels (gekreuzte Schlüssel), dem Reichsadler mit ausgebreiteten Flügeln und dem böhmischen doppelschwänzigen Löwen gebildet.

In der Zierschnalle auf dem Kleid der Madonna wurde unterhalb einer Glas- oder Kristallabdeckung eine kostbare Reliquie aufbewahrt: ein Stückchen von Marias Mantel oder Schleier. Somit wurde das Gemälde als Reliquiar und Gegenstand der Heiligenverehrung wichtig.

Im Jahre 1769 fügte der Goldschmied Johann Georg (Jan Jiří) Brullus Jr. im Auftrag von Anna Marie von Eckersdorf zu der Silberplatte auf dem Marienbild noch zwei Reliefkronen aus Silberblech mit Ornamentverzierung hinzu.

Restaurierung

Während der Sanierung der Stiftskirche in den 80er und 90er Jahren des 20. Jahrhunderts wurde das Gnadenbild von Mojmír Hamsík (1921–2007) restauriert und mit der neu angepassten und restaurierten Silberplatte der Nationalgalerie für die Dauerausstellung der alten Kunst zuerst im Kloster St. Georg, nunmehr im Agneskloster, zur Verfügung gestellt. Bei der Restaurierung stellte sich heraus, dass das Gnadenbild einst oben und unten abgeschnitten und verkleinert worden war. Für den Seitenaltar in der Vyšehrader Stiftskirche wurde von dem akademischen Maler und Restaurator Jan Pasálek eine hochwertige exakte Kopie unter Verwendung des ursprünglichen Verfahrens gemalt. Die silbernen Reliefkronen der Jungfrau Maria und des Jesuskindes sind in der Ausstellung der Vyšehrader Schatzkammer in der Stiftskirche zu sehen.

Das Bild als Gebet

Das Gnadenbild ist seiner Form nach eine Ikone und daher weder eine realistische Darstellung eines bestimmten Moments im Leben Jesu oder seiner Mutter, noch ein personifizierter „Gott“. Eine Ikone soll das Gebet zum wahren Gott befördern. Jahrhundertelang blieben die Menschen vor diesem Bild stehen, um Jesus, den Sohn Gottes, zu umarmen, dem Beispiel seiner Mutter folgend. Hier wurde ihnen bewusst, wie nahe Gott den Menschen in Jesus war, hier beteten sie und beten nach wie vor für ihre Kinder, Eltern, Nächsten...

Wenn Sie hier beten möchten, können Sie zum Beispiel vor dem Gemälde in Stille stehen bleiben, ausruhen und es Gott erlauben, Ihnen so nahe zu sein wie ein Kind auf dem Schoß seiner Mutter. Sie können auch Ihre Bitten und Danksagungen formulieren. In dieser Kapelle ist es ferner möglich, eine Kerze anzuzünden und als Zeichen der brennenden Gebetsflamme in einen Ständer zu stellen.

Gebet für Regen

mehr...